Bannerbild Juliette Blogbeitrag

Mit den Fragen “Was verbindest du mit dem Format Radio” oder “Was bedeutet Radio für mich” konfrontiert zu werden kann tolle Geschichten und Erinnerungen wecken. Juliette Plagne, Praktikantin im Museum für Kommunikation Frankfurt, erzählt uns, wie sich ihre Beziehung zum Radio definiert.

Was bedeutet Radio für mich?
Meine Geschichte mit dem Radio ist wie eine Art Love-and-Hate Beziehung. Hätte man diese Frage dem elfjährigen Mädchen gestellt, das ich war, hätte es ein zwiespältiges Bild vom Radio gegeben. Damals verknüpfte ich das Radio mit dem Aufstehen, mit der Kälte im Winter, wenn man das Bett und die warme Decke verlassen musste, um in die Schule zu gehen. Sehr früh saß ich mit meinem Vater am Frühstückstisch. Beide stumm, noch in der Traumwelt, nur diese- meiner Meinung nach- viel zu begeisterte Stimmen der Moderator:innen im Hintergrund.

Im Schulbus sitzend kommt der Ton wieder. Es ist dunkel durch das Fenster. Der Busfahrer wählt allein die Sendung. Alle Schüler:innen hören einfach mit. Aber es ist gut so, dann braucht niemand zu sprechen, denn wir sind alle zu verschlafen. Da läuft Pop-Musik oder Guten Morgen Programme. Und es läuft viel Werbung oder Aktionen, um irgendwas zu gewinnen. Trotzdem waren diese Momente schöne Augenblicke, weil sie zusammen mit Freunden und der Familie verbracht wurden. Es gab auch damals sehr glückliche Radio-Momente. Zum Beispiel am Wochenende: da war das Radio mit dem „im Bett bleiben“ verbunden. Es lief im Hintergrund, als die Sonnenstrahlen das Bett erreichten und der Moderator wünscht einen guten Morgen.

 

 

Juliette in der Ausstellung

Warum ist das Radio wichtig?

Das Radio vereinigt. Es bringt die Menschen zusammen, keiner muss reden, trotzdem folgen unsere Gedanken instinktiv demselben Weg. Auch hunderte Kilometer entfernt, hören Andere denselben Stimmen zu. Deswegen war das ein sehr beliebtes Mittel von Diktatoren im 20. Jahrhundert wie Hitler, Mussolini, Kim Il-sun.

Doch in Demokratien bieten die verschiedenen Programme und Kanäle zahlreiche Universen und macht die Menschen offener. Ein bisschen nach rechts oder ein bisschen nach links den Knopf drehen und plötzlich findet sich man in einer anderen Welt wieder. Wo ich aufgewachsen bin, wohnte eine große portugiesische Gemeinschaft. Deswegen konnte man auch Radioprogramme auf Portugiesisch anhören. Da reisten die Gedanken schnell nach Portugal.

Und heute? Welche Zukunft hat das Radio in meinem Leben?

Heute höre ich mir gerne etwas im Radio an. Ich bin die, die das Radio am Frühstücktisch anschaltet, um die Nachrichten oder Musik zu hören. Trotzdem höre ich meistens digitales Radio, weil ich kein eigenes besitze. Doch am häufigsten höre ich gerne Podcasts zu, weil diese mich besonders vor dem einschlafen entspannen!

Meinen Eltern- und Großelterngenerationen hat das Radio viele wichtige Momente und Ereignisse vermittelt. Heutzutage hört meine Oma noch sehr lang jeden Morgen das Radio im Bett, meine Cousine arbeitet für eine Radiosendung, mein Opa wurde schon mehrmals interviewt. Doch hat diese Gewohnheit oder Verbindung mit Radio mich nicht genug geprägt und wird wahrscheinlich der nächsten Generation in meiner Familie nicht weitervermittelt. Vielleicht weil wir schon von der zahlreichenden Nummer von Notifikationen von unterschiedlichen Kanälen bzw. Soziale Medien, Apps, News, digitale Zeitschriften überfordert sind. Zum Radio zu reichen und es zu greifen ist zu viele Mühe geworden. Die Nachrichten kommen zu uns durch andere Quellen.

Doch war es nicht ohne Emotionen, dass ich die Stimmen von den ersten deutschen Radiosendungen in der ON AIR Ausstellung gehört habe. Diese war eine sehr persönliche Begrüßung und ein direkter Kontakt zu den Leuten hinter dem Radio und zu allen die im Bett, im Verkehr usw. mithörten. Es verknüpft die Leute. Ich finde es wahnsinnig schön, dass diese Stimmen von der Vergangenheit durch die Zeit gereist sind und uns heute zugänglich sind. Ich finde es wichtig zu wissen, zu hören, wie diese Leute gesprochen haben, was war ihnen wichtig, was hörten sie gern, wenn sie aufgeweckt wurden.

autorinnenbild juliette

Juliette Plagne hat ihr Praktikum im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit abgeschlossen und konnte in die Ausstellungen “ON AIR.100 Jahre Radio” und “Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel Schefflers fantastische Briefbilder” reinschnuppern.