Die Spannbreite ist groß: Vom kleinsten Transistorradio der Welt bis hin zur tonnenschweren Sendeanlage kann man in der Ausstellung »ON AIR. 100 Jahre Radio« alle möglichen Objekte entdecken. Doch je größer ein Exponat, desto mehr springt es ins Auge. Unser Kollege Erik Schneider, Mitarbeiter der Abteilung Museumspädagogik, berichtet von seinem eher wuchtigen Lieblingsobjekt:

»Lieblingsobjekte sind immer so eine Sache, man muss sich festlegen. Das fällt mitunter nicht leicht, manchmal ist das fast unmöglich. Aber ich will es versuchen: Ganz oben auf der Liste meiner Lieblingsobjekte steht der Einzelsendeplatz des Südwestfunks.

Der Einzelsendeplatz des Südwestfunks in der Ausstellung »ON AIR«, im Hintergrund ein beleuchtetes RIAS-Schild;
Foto: Kay Herschelmann

Klar, es gibt viele tolle und interessante Objekte in so einer großen Sonderausstellung und man kommt ja bereits vor der Eröffnung mit einigen in Berührung. Da entstehen auch Beziehungen. Die Fotowand ›100 Jahre, 100 Fotos‹ wäre ein weiterer Lieblings-Kandidat. Da haben wirklich viele Kolleg*innen mit beigetragen – das teilt man und das verbindet. Aber zurück zum Sendeplatz. Obwohl ich in der DDR aufgewachsen bin, mag ich komischerweise diese 60er/70er-Jahre-BRD-Optik. Aber gestalterisch und ästhetisch waren die beiden Systeme ja gar nicht so weit voneinander entfernt – behaupte ich jetzt einfach mal. Zumindest wusste man, was ›die anderen‹ bauen und haben. Egal, diese Haptik des Kunststoffs und die echten Drehköpfe und dass da wirklich was passiert, wenn man was drückt, finde ich toll. Man hört und fühlt das. Das Mausgrau liebe ich und dazu die tollen bunten Aufkleber! Allein die üben eine gewisse Faszination auf mich aus. Das Teil wäre zudem eine tolle Requisite in einer neuen Staffel von ›Raumpatrouille Orion‹, ohne Aufkleber natürlich.

Ich finde, wenn man sich dem Sendeplatz nähert, kann man seine Aura wahrnehmen. Da spürt man förmlich die vielen, vielen Arbeitsstunden, die endlosen ›Gespräche‹ zwischen Hörer*innen und Moderator*innen. Manchmal sind das sehr intime Momente. Wer viel Radio hört und das auch nachts oder im Auto, weiß vielleicht, was ich meine. Da gibt’s dann nur dich und die Stimme des Anderen. Was natürlich Quatsch ist, weil ja ganz viele Menschen zuhören. Aber obwohl Radio ein Massenmedium ist, hat es nach wie vor etwas Heimeliges.

Als ich Neun oder Zehn war, Mitte der Neunziger, haben wir, also die Nachbarskinder und ich, mal eine Weile ›Radio‹ gespielt. Ich glaube inspiriert von Thomas Gottschalk und Mike Krüger in ›Piratensender Powerplay‹. Wir hatten entdeckt, dass meine alte ausgemusterte Stereoanlage zusammen mit einem großen Mikrofon funktionierte und wir Kassetten besprechen konnten; ein Piratensender! So haben wir angefangen zu moderieren, Lieder auszuwählen und alles aufzuzeichnen. Wir sind also nicht wirklich live auf Sendung gegangen. Aber Spaß hat es gemacht, das können die Kleinen (und Großen) in der Ausstellung nachempfinden. Sogar wirklich live

Erik Schneider ist Mitarbeiter der Museumspädagogik am Museum für Kommunikation Berlin. Hier steht er vor dem Einzelsendeplatz, der ihn bereits während der Aufbauphase der Ausstellung »ON AIR. 100 Jahre Radio« in seinen Bann gezogen hat.